Gebisslos Reiten mit Glücksrad
Das Glücksrad gilt als der Allrounder unter den gebisslosen Zäumungen und ist im Grunde eine sanftere Form des klassischen Hackamores. Es hat jedoch ein Alleinstellungsmerkmal, womit sich das Glücksrad von anderen Hackamore-Formen unterscheidet: es lässt sich vielfältig verschnallen und reicht von keine Hebelwirkung bis deutliche Hebelwirkung. Das ist durch seine 6 Speichen bedingt, in die sich die Zügel an verschiedenen Stellen einschnallen lassen. Damit lässt es sich auf die persönlichen Bedürfnissen und Vorlieben von Pferd und Reiter anpassen.
Ob eine Glücksrad-Trense aber dich und dein Pferd beim gebisslosen Reiten rundum glücklich machen kann, findest du nachfolgend heraus.

Wirkt ein Glücksrad scharf?
Mit einer Glücksrad-Trensen hast du zahlreiche Verschnalloptionen, weshalb sie unterschiedlich stark wirken kann. Grundsätzlich jedoch übt das Glücksrad einen gleichmäßigen Druck auf Nase, Kinn und Genick des Pferdes aus. Dieser wird durch die Rotation des Rades bei angenommenem Zügel hervorgerufen. Damit wirkt es weniger scharf wie ein Hackamore mit Schenkeln, bei dem die Hebelwirkung durch die Länge der Schenkel erzeugt wird.
Das Glücksrad richtig verschnallen – Schritt-für-Schritt Anleitung
Damit das Glücksrad präzise wirken kann, muss es korrekt sitzen. Das Glücksrad besteht aus einem Rad mit sechs Speichen und Kinn- und Nasenriemen. Du kannst also dein übliches Kopfstück verwenden, aus dem du nur das Reithalfter (Nasenriemen) herausnimmst. Das Kopfstück solltest du allerdings mindestens 2 Löcher kürzer schnallen als üblich mit Gebiss, da die Räder höher liegen als die Gebissringe.
Wenn du das Glücksrad in das vorhandene Kopfstück einschnallst, kommen die Backenstücke in die obere, mittlere Speiche, sodass zu Kinn- und Nasenriemen jeweils eine Speiche frei bleibt. So erreichst du, dass das Rad seitlich mittig am Pferdekopf anliegt und ungefähr denselben Abstand zu Nasenrücken und Unterkieferlade haben. Achte gleichzeitig darauf, dass das Backenstück nicht in die Augen rutscht. Ist das der Fall kannst du auch den Kinnriemen eine Speiche direkt hinter dem Backenstück verschnallen, um einen größeren Abstand zwischen Auge und Backenriemen zu erzielen (siehe Foto). Dies erzeugt jedoch bereits einen kleinen Hebel.

Zwischen Rad und Jochbein sollten ein bis zwei Finger Abstand bleiben. Denn es kann passieren, dass das Rad beim Rotieren eventuell nach oben rutscht und dann gegen die untere Jochbeinleiste drückt. Dies ist aufgrund der oberflächlich verlaufenden Nervenenden äußerst schmerzhaft für das Pferd und sollte unbedingt vermieden werden.
Sitzt das Glücksrad korrekt, muss es nur noch eng verschnallt werden. Es sollte enger liegen als der Nasenriemen eines gewöhnlichen Reithalfters mit Gebiss. Anstelle der zwei Finger sollte nur ein Finger unter den Nasenriemen passen. Der Grund: Sitzt das Glücksrad am Pferdekopf zu locker, wackelt es hin und her, lässt die Signale verschwommen beim Pferd ankommen und reibt zudem das Fell am Nasenrücken auf. Es muss dennoch mindestens ein Finger Luft bleiben, damit das Pferd weiterhin kauen kann.
Verschiedene Einwirkungsgrade mit dem Glücksrad
Nun kommt die eigentliche Magie des Glücksrades: das Einschnallen der Zügel!
Je nachdem wo die Zügel in die Speichen des Glücksrades eingeschnallt werden, erzielt man eine unterschiedlich starke Hebelwirkung.
Die Basic-Verschnallung erzeugt keinerlei Hebel und wirkt demnach wie ein Halfter oder Sidepull. Hierfür werden die Zügel in die Speiche zwischen Backenstück und Kinnriemen eingeschnallt. Diese Variante ist für sensible Pferde und zur Gewöhnung an die Hebelwirkung geeignet.
Die weiteren Varianten erzeugen eine Hebelwirkung, die wie alle Gebisse mit Hebelwirkung fortgeschrittenen Reitern mit ruhigen Händen vorbehalten sind.
- Hebelstufe 1: Von der Basic-Verschnallung ausgehend, werden die Zügel in die Speiche vor den Kinnriemen geschnallt.
- Hebelstufe 2: Das Backenstück wird eine Speiche nach hinten geschnallt, sodass Backenstück und Kinnriemen direkt aufeinanderfolgen und eine Speiche zwischen Backenstück und Nasenriemen frei bleibt. Die Zügel werden in die Speiche vor dem Kinnriemen geschnallt.
- Hebelstufe 3: Das Backenstück wird eine Speiche nach vorne geschnallt, sodass zwischen Backenstück und Kinnriemen nun zwei Speichen frei sind. Die Zügel werden in die Speiche vor dem Kinnriemen geschnallt.
- Hebelstufe 4: Backen-, Nasen- und Kinnriemen werden in die drei oberen Speichen hintereinander geschnallt, sodass nach vorne unten drei Speichen frei sind. In die vordere, mittlere Speiche wird nun der Zügel eingeschnallt, sodass zu Kinn- bzw. Nasenriemen jeweils eine Speiche frei bleibt. Durch die nun starke Rotation beim Zügelzug wirkt ein deutlicher Hebel auf den Pferdekopf.
Das Prinzip der Verschnallung ist folgendes: Je weiter die Zügel vom Nasenriemen entfernt eingeschnallt werden, desto geringer ist die Einwirkung auf den Nasenrücken und damit auch die Hebelwirkung. Andersherum ist es so, dass die Einwirkung auf den Pferdekopf umso größer ausfällt, je näher die Zügel am Nasenriemen verschnallt sind, weil dann auch die Rotation des Glücksrades höher ausfällt.
Die Vorteile vom gebisslosen Reiten mit Glücksrad
Das gebisslose Reiten an sich hat viel Potenzial. Doch warum genau solltest du dann auf gebissloses Reiten mit Glücksrad umstellen? Die Vorteile des Glücksrads für Pferd und Reiter fassen wir mal zusammen:
- Allroundtalent unter den gebisslosen Zäumungen
- Vielfältige Verschnallungen möglich, sodass nur ein Zaum nötig ist
- Sanftere Version des klassischen Hackamore mit Schenkeln
- Leicht verständlich für das Pferd
- Räder liegen eng und flach am Pferdekopf an, sodass die Einwirkung sehr präzise ausfällt
- Erleichtert Pferden das Kauen und Abschlucken
- Geringer, sanfter Hebel, und damit für die Umstellung auf gebisslos, Hebelgebisse und für sensible Pferde geeignet.
Letztlich musst du für dich und dein Pferd entscheiden, welche Variante des gebisslosen Reitens für euch am besten funktioniert. Scheue nicht davor zurück, dich auszuprobieren und alle Verschnalloptionen des Glücksrads einmal durchzuprobieren. Und der größte Vorteil des Glücksrades: Du kannst die Verschnallung immer wieder abändern, wenn sie selbst nach einer gewissen Zeit nicht mehr passen sollte.
Für wen eignet sich ein Glücksrad-Zaum?
Grundsätzlich ist das Glücksrad für jedes Pferd und jede Reitweise geeignet, da es individuell eingestellt und auf jedes Kopfstück angepasst werden kann.
Es ist geeignet für Reiter, die ihr Pferd sanft auf das Reiten mit Hebelgebissen oder gebissloses Reiten umstellen wollen. Auch für Pferde mit Maulproblemen oder nach einer Zahnbehandlung eignet sich das Glücksrad zum Reiten ideal.
Weniger geeignet ist das Glücksrad für Pferde mit kleinem Kopf, da das Rad doch sehr groß ausfallen und somit gegen das Jochbein drücken kann. Auch für Dressurreiter auf Turnieren ist das Glücksrad erst einmal nichts, da gebissloses Reiten nach LPO-Katalog nach wie vor nicht in Dressurprüfungen zugelassen ist.
Für welche Pferde sonst sich ein gebissloser Zaum eignet und welchen du hier in Betracht ziehen kannst, liest du in unserem Ratgeber über gebisslos Reiten.