Pferdefütterung – die Basics

Um eine bedarfsgerechte Pferdefütterung verstehen zu können, ist ein Grundverständnis über die Verdauung des Pferdes notwendig. Die meisten (Reit-)Pferde werden oftmals mit der Menge an Futter und folglich der zugeführten Energie überversorgt. Fütterungsbedingte Krankheiten sind die Folge. Die Anforderungen an die Pferdefütterung unterscheiden sich nicht nur von Rasse zu Rasse, sondern sind auch von der Haltung, Alter, Gesundheitszustand, Größe und Nutzung abhängig.

Futtereimer

Trotz unterschiedlicher Ansprüche an die Fütterung haben alle Pferde den gleichen sensiblen Verdauungsapparat. Was die Verdauung des Pferdes so besonders macht und was du als Pferdehalter dazu wissen musst, um fütterungsbedingte Krankheiten zu vermeiden, erklären wir dir in diesem Ratgeber.

Der Verdauungsapparat des Pferdes – ein sensibles System, das von Bakterien am Leben gehalten wird

Maulhöhle

Das Futter wird vom Pferd mithilfe der Lippen, der Zunge und hin und wieder auch mit den Schneidezähnen aufgenommen. Pferde sind echte Feinschmecker: Ihre Maulhöhle weißt bis zu 35.000 Geschmacksknospen auf. Zum Vergleich: der Mensch besitzt gerade einmal 10.000. Es ist daher für das Pferd möglich, sogar einzelne Krümel aus dem Müsli heraus zu sortieren, die ihm nicht munden.

Pferd frisst Gras

In der Maulhöhle wird das Futter zwischen den Backenzähnen zerkleinert und gut eingespeichelt. Die Einspeicheln des Futters ist für die Gleitfähigkeit des Futterbreis und die weitere Verdauung sehr wichtig. Jedoch sind im Speichel sind keine stärkespaltenden Enzyme vorhanden, sodass in der Maulhöhle die Vorverdauung lediglich durch Zerkleinern der Nahrung stattfindet. Daher benötigt das Pferd beim Fressen viel Ruhe und Zeit. Für ein Kilo Raufutter benötigt ein Großpferd zwischen 40 bis 50 Minuten, zum Zerkleinern von einem Kilo Kraftfutter braucht es circa 10 Minuten. Hat das Pferd die Zeit nicht oder steht es unter Stress, beginnt es zu schlingen. Vor allem Kraftfutter kann sich dann unzerkleinert am Mageneingang sammeln und zu einer Schlundverstopfung führen.

Unser Tipp:

Wenn das Pferd die Tendenz hat, sein Kraftfutter zu schlingen, lege große, abgerundete Steine in den Trog. Diese bringen das Pferd dazu, sich erst den Weg zum Futter „freizuschaufeln“.

Aber Achtung: Diese Steine sollten keine Salzlecksteine sein. Warum, erfährst du hier.

Magen

Das Pferd hat im Verhältnis zu seiner Körpergröße einen relativ kleinen Magen. Ein Pferdemagen kann zwischen 7 bis 10 Liter fassen und sich sogar bis auf die doppelte Größe ausdehnen. Das ist allerdings eine große Belastung für das Organ, eine Überdehnung führt zu Koliksymptomen. Um das zu verhindern, solltest du folgendes wissen:

Hatte das Pferd bei der Futtergabe Ruhe und ausreichend Zeit, kommt der Nahrungsbrei gut zerkleinert und eingeweicht im Magen an – er kann den Magen schnell passieren.

Wurde das Futter allerdings nicht ausreichend durchgekaut und eingespeichelt, haben es die Magensäfte schwieriger, die halb zerkaute Nahrung zu durchdringen. Das Futter bleibt länger im Magen hängen und die Magenwand überdehnt sich.

Besonders kritisch ist es, wenn das Kraftfutter vor dem Heu gegeben wird. Das Kraftfutter liegt dann schwer und lange im Magen. Kommt darauf das Heu mit viel Wasser (Speichel) obenauf, ist der Magen schneller überfüllt und verursacht Bauchschmerzen – das Pferd hat eine Kolik. Es ist daher ratsam, das Heu mindestens 30 Minuten vor dem Kraftfutter zu geben, damit das Pferd bereits gesättigt ist und das Kraftfutter nicht mehr ungekaut schlingt.

Dünndarm

Der Dünndarm des Pferdes ist 20 Meter lang, hat aber durch Zotten (fingerförmige Erhebungen der Dünndarmschleimhaut) eine noch viel größere Oberfläche. Im Dünndarm werden Proteine, Fette und leichtlösliche Kohlenhydrate in ihre Bestandteile aufgespalten. Dafür wird in den Darminhalt Gallenflüssigkeit von der Leber eingespritzt. Da das Pferd keine Gallenblase besitzt, die Flüssigkeit auf Vorrat produziert, gibt die Leber ständig das Sekret ab.

Aufgrund der geringen enzymatischen Aktivität ist die Fähigkeit des Pferdes, Stärke zu verdauen, stark herabgesetzt. Es ist daher wichtig, dass das Pferd wenig und nur leichtverdauliche Stärke, wie sie im Hafer zu finden ist, gefüttert wird. Futtermittel mit einem hohen und schwerverdaulichen Stärkeanteil (z.B. bei Mais) sollten hydrothermisch aufgeschlossen werden, das heißt, die Körner werden unter Wärme und Feuchtigkeit aufgeweicht und somit bekömmlicher für das Pferd.

Stärke, die nicht im Dünndarm verdaut wurde, wandert weiter in den Dickdarm, wo sie die Balance der Darmflora zerstört. Die dort befindlichen, für das Pferd überlebensnotwendigen Mikroben werden durch die Senkung des pH-Wertes und Gärungsprozesse abgetötet. Daher ist auf eine gute präzäkale (vor dem Dickdarm) Stärkeverdaulichkeit bei der Wahl der Futtermittel zu achten.

Hauptverdauungsort der Pferdeverdauung: der Dickdarm

Mit circa 20 Kilogramm Bakterien trägt das Pferd in seinem Dickdarm einen ganzen Staat an Verdauungshelfern mit sich herum, die für das Pferd überlebensnotwendig sind. Die Bakterien wollen gut ernährt werden, da sonst die Darmflora aus dem Gleichgewicht kommt. In 33 bis 44 Stunden zersetzen die Mikroorganismen den Nahrungsbrei und die schwerlöslichen pflanzlichen Gerüstsubstanzen Cellulose, Hemicellulose und Pektine. Dabei setzen sie flüchtige Fettsäuren, B-Vitamine und Spurenelemente frei, die die Dickdarmwand absorbiert.

Das zugeführte Futter bestimmt die Ausrichtung der Bakterien. Sie passen sich nach einer Eingewöhnung an das Futter an und vermehren sich dementsprechend. Futterumstellungen sind daher immer mit Vorsicht zu genießen, da sie – zu abrupt durchgeführt – den Bakterien schaden. Außerdem können ungeeignete Futtermittel, wie beispielsweise Heulage und Silage, die Darmbalance stören. Durch die Gärung sind im Futtermittel keine schwerverdaulichen, pflanzlichen Bestandteile mehr vorhanden, von denen sich die Mikroben ernähren könnten, woraufhin sie absterben.

Je weiter der Nahrungsbrei im Dickdarm wandert, desto mehr Wasser wird ihm entzogen. Gegen Ende hin verleihen Aussackungen der Dickdarmwand dem Kot die typische Ballenformung, bevor sie ausgeschieden werden.

Die 10 Grundregeln der Pferdefütterung

1. Heu hat Priorität

Für das ehemalige Steppentier Pferd hat Raufutter in Form von qualitativ hochwertigem Heu in der Pferdefütterung Priorität. Der hohe Trockenmasseanteil (ca. 88 %) und Rohfaseranteil bilden Nahrungsgrundlage für die Darmbakterien. Daher sollte dem Pferd pro Tag 1,5 Kilogramm Heu pro 100 Kilogramm Körpergewicht zur Verfügung stehen. Das macht bei einem Warmblüter von 600 Kilogramm mindestens 9 Kilogramm Heu. Pferde, die auf Späne stehen, sollten mindestens 2 Kilogramm Heu pro 100 Kilogramm Körpergewicht erhalten, um lange Futterpausen zu vermeiden.

Um Koliken zu vermeiden, sollte dem Pferd das Heu mindestens 30 Minuten vor dem Kraftfutter gegeben werden.

2. Lange Fressdauer mit kurzen Fresspausen und kleinen Futtermengen

Pferd am Heunetz

Der Magen des Pferdes produziert kontinuierlich Magensäure. Damit die Magenwand durch die ätzende Säure nicht beschädigt wird und Magengeschwüre entstehen, sollte der Magen ständig Nahrung zum Zersetzen haben. Fresspausen dürfen nicht länger als vier Stunden sein.

Durch das geringe Magenvolumen von 7 bis 10 Liter sollte das Pferd viele kleine Portionen über den Tag verteilt erhalten. Bei einer Schaufel Hafer (circa 1 bis 1,5 Kilogramm) plus Speichel (circa 3 Liter) ist der Magen bereits halbvoll. Um einen überfüllten Magen zu umgehen, muss die Gesamtmenge auf mehrere, kleine Portionen aufgeteilt werden. 3 oder mehr Portionen über den Tag verteilt ist optimal.

Um die Fressdauer zu verlängern und hektisches Fressen zu vermeiden, eignen sich Heunetze. Bei Kraftfutter bieten sich große, runde Steine an, die man in den Trog legt.

3. Zurückhaltung in der Eiweißfütterung

Eiweiß ist ein wichtiger Lieferant für essentielle Aminosäuren, die für den Muskel- und Zellaufbau bedeutend sind. Allerdings sollte die Eiweißzufuhr an die Arbeitsintensität und den Bedarf angepasst sein. Das Verdauungssystem des Pferdes kann eine Überversorgung mit Eiweiß zum Zwei- bis Dreifachen des Erhaltungsbedarfs tolerieren. Eine dauerhafte Überversorgung schädigt allerdings die Entgiftungsorgane Leber und Niere und führt schließlich zu Stoffwechselerkrankungen. Der Großteil der Freizeitpferde leistet nicht mehr als leichte Arbeit und deckt seinen Eiweißbedarf ausreichend über Heu.

Schon gewusst?

Studien haben ergeben, dass für Hufrehe nicht eine Überversorgung an Eiweiß Ursache ist, sondern ein Zuviel an Fruktanen und Stärke. Eine ständige Überbelastung durch den Mehrfachzucker Fruktan, der im Gras gebildet wird, führt im Dickdarm zu einer Dysbalance der Darmflora, woraufhin die Mikroben absterben. Die freigesetzten Toxine gelangen in die Blutbahnen und der gesamte Organismus übersäuert und die Huflederhaut entzündet sich.

4. Vorsicht bei zu viel Stärke im Pferdefutter

Das Pferd ist ein präzäkaler Stärkeverdauer mit geringer enzymatischer Aufspaltung, das bedeutet, dass die Stärke hauptsächlich im Dünndarm verdaut wird. Unverdaute Stärke, die in den Dickdarm gelangt, bringt das Milieu der Darmbakterien aus dem Gleichgewicht. In der Folge sterben die Darmbakterien ab und setzen Endotoxine (Gifte) frei, die in die Blutbahnen gelangen. Ebenso kann es zu Gärung und infolgedessen zu Blähungen, Verspannungen und Schleimhautreizungen kommen. Bei einer entzündeten Darmschleimhaut wird die Fähigkeit der Resorption von Nährstoffen, Mineralstoffen und Spurenelementen herabgesetzt. Daher ist in der Pferdefütterung auf Futtermittel mit leichtverdaulicher Stärke zu achten. Dafür eignet sich Hafer als Kraftfutter, da es weniger Stärke enthält als andere Futtersorten und diese zudem leicht verdaulich ist. Möchte man dem Pferd große Mengen an Hafer zu führen, ist die Menge auf mindestens drei Portionen über den Tag verteilt vorzusetzen.

Stärkegehalt einzelner Futtermittel:

1 Kilogramm Hafer enthält rund 390 g Stärke

1 Kilogramm Mais enthält rund 650 g Stärke

1 Kilogramm Heu enthält rund 18 g Stärke

Idealerweise bekommt ein Pferd maximal 1 g Stärke pro kg Körpergewicht und Mahlzeit. Das heißt, bei einem 500 Kilogramm Pferd darf es maximal 1,3 Kilogramm Hafer pro Mahlzeit erhalten.

5. Basismineralfutter ist Pflicht

Zur Aufrechterhaltung verschiedener Körperfunktionen benötigt das Pferd Mengen- und Spurenelemente. Zu den Mengenelementen gehören Calcium, Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphor, Chlor und Schwefel. Für das Pferd ist besonders ein ausgewogenes Calcium-Phosphor-Verhältnis (Ca:P) von 1 bis 3:1 entscheidend. Beide Elemente machen bis zu 70% des Mineralstoffgehalts des Pferdes aus und werden vorwiegend in den Knochen gespeichert. Ein verschobenes Ca:P-Verhältnis kann zur Entmineralisierung der Knochen führen, was letztlich zu Schmerzen, Knochenbrüchen und Osteoporose führt. In der Regel ist der Calcium-Phosphor-Bedarf mit 1,5 kg Raufutter pro 100 kg Pferdegewicht abgedeckt. Liegt die Raufuttermenge allerdings unter den empfohlen Werten ist das Defizit durch ein Mineralfutter mit ausgewogenem Ca:P-Verhältnis auszugleichen.

Zu den Spurenelementen gehören Zink, Eisen, Kupfer, Mangan, Jod, Selen und Kobalt. Intensive Flächenbewirtschaftung hat allerdings die Böden ausgewaschen, sodass vor allem Zink, Selen und Kupfer in Heu und Gras oftmals Mangelware sind. Der Nährstoffmangel sollte durch ein gutes Basismineralfutter ausgeglichen werden.

6. Zurückhaltung in der Ölfütterung

Fett in Form von Öl ist ein wichtiger Energielieferant, der vor allem für Pferde im Turniersport oder für getreidefrei gefütterte Pferde eine wichtige Bedeutung hat. Bereits mit 50 Milliliter Öl werden dem Pferd 2 Megajoule(MJ) Energie zugeführt. Derartig hohe, zusätzliche Energiewerte benötigen allerdings die wenigsten Freizeitpferde, weshalb eine Zufütterung von Öl für die meisten Pferde verzichtbar sein sollte.

Eine übermäßige Fettzufuhr kann die Magenentleerung behindern und zudem die mikrobielle Aktivität im Dickdarm herabsetzen. Daher sollte dem Pferd am Tag nicht mehr als 1 bis 1,5 g Öl pro kg Körpergewicht zugefüttert werden. Diese Portionen sollten über den gesamten Tag verteilt gegeben werden.

Für das Pferd gut verträgliche Öle sind Soja-, Sonnenblumen-, Raps-, Lein- und Mariendistelöl.

Futteröle

7. Feste Fütterungszeit bestimmen

Pferde sind Routinetiere mit einer inneren Uhr. Um Stress vor und während der Fütterung zu vermeiden, sind feste Fütterungszeiten und eine genaue Abfolge der Futtergabe empfehlenswert. Die optimale Lösung der Kraftfuttergabe sind Futterautomaten. Auf diese Weise wird Futterneid, Schlingen, Boxenklopfen und Gitterstäbewetzen verhindert.

8. Behutsame Futterumstellung

Das Verdauungssystem des Pferdes ist hochsensibel und leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. Abrupte Futterumstellungen stören dabei das Milieu der Darmbakterien massiv. Diese brauchen eine Eingewöhnungsphase an neue Futterzusammenstellungen, um sich auf diese einstellen und sich entsprechend reproduzieren zu können. Plane mindestens zwei Wochen für die Futterumstellung ein, in denen du täglich kleine Portionen des alten Futters durch das neue austauschen.

Bei der Futterumstellung sind die analytischen Bestandteile von Bedeutung, nicht die Futterart selbst. Haben beispielsweise das ehemalige Müsli und das neue Pelletfutter dieselben analytischen Bestandteile, kann das Pferd ohne sanften Übergang umgestellt werden.

Besonders behutsam solltest du bei der Umstellung von Winterfutter (ausschließlich Heu) zum Sommerfutter (Weidegras) vorgehen – und umgekehrt. Im Sommer sind kaum noch Darmbakterien vorhanden, die die schwerverdaulichen, pflanzlichen Bestandteile des Heus zersetzen können. Diese müssen erst wieder gebildet werden, weshalb gegen Ende der Weidesaison parallel zum Weidegras Heu zugefüttert werden sollte. Genauso umgekehrt sollte das Heu zu Beginn der Weidesaison begleitend gefüttert werden.

9. Ausreichend frisches Trinkwasser zur Verfügung stellen

Pferd trinkt aus Wasserbottich

Wasser ist für einen ausbalancierten Verdauungsapparats, eine funktionierende Thermoregulation und einen ausgeglichenen Stoffwechsel des Pferdes entscheidend.

Ein Pferd hat einen Trinkwasserbedarf von 5 bis 13 Litern pro 100 kg Körpergewicht. Damit kann ein 600 Kilogramm schweres Warmblut zwischen 30 und 80 Litern am Tag trinken. Die Wassermenge ist von der Außentemperatur und der Arbeitsintensität abhängig.

Stelle sicher, dass das Pferd jederzeit freien Zugang zu sauberem, geruchsfreien Wasser in Trinkqualität hat.

10. Salzleckstein zur freien Verfügung

Ein durch Arbeit oder hohe Außentemperaturen schwitzendes Pferd verliert über den Schweiß wichtige Elektrolyte. Pro einen Liter Schweiß kann das Pferd rund 8,5 g Natriumchlorid verlieren. Diesen Elektrolytverlust kann man über einen Salzleckstein ausgleichen.

Lege den Leckstein nicht in den Futtertrog, sondern hänge ihn auf oder lege ihn in einen Lecksteinhalter, damit er sauber bleibt. Liegt der Salzleckstein im Futtertrog ist das Pferd gezwungen, Salz über seinen Bedarf hinaus aufzunehmen, was der Gesundheit nicht förderlich ist.

Salzlecksteine für Pferde

Unerfahrenen Saugfohlen sollte der freie Zugang zum Salz verwehrt bleiben, damit sie keinen Durchfall bekommen.

Pferde, die im Erwachsenenalter das Salz regelrecht in Brocken abbeißen, hatten im Fohlenalter uneingeschränkten Zugang zum Salz. Diesen Pferden sollte der Stein weggenommen und nur vorgelegt werden, wenn das Pferd geschwitzt hat.

Die 10 Grundregeln noch einmal zusammengefasst:

Übersicht der 10 Grundsätze der Pferdefütterung

Welche Arten von Pferdefutter gibt es?

Pferdefutter lässt sich von den Arten in seine Bestandteile und Inhaltsstoffe herunterbrechen. Ein Verständnis über die verschiedenen Pferdefutterarten erleichtern die bedarfsgerechte Rationsberechnung.

Übersicht über die verschiedenen Arten von Pferdefutter

Wie viel Futter benötigt mein Pferd? Das 1×1 der Rationsgestaltung

Für das Fluchttier Pferd kann in freier Wildbahn Über- oder Untergewicht lebensgefährlich werden. Zwar müssen unsere Pferde heute nicht mehr Raubtieren fliehen, dennoch ist ihr gesamter Bewegungsapparat und ihr Stoffwechsel auf ein Idealgewicht eingestellt. Um das zu halten bzw. zu erreichen ist eine auf die Bewegungsmöglichkeiten optimal angepasste Futterration unabdinglich.

Jedes Pferd ist hierbei individuell zu betrachten. Auch bei Pferden innerhalb einer Rasse sind Haltung, Arbeitsleistung, Alter, Gesundheit und körperliche Verfassung stets eigenständig zu beurteilen.

Was sind die wichtigsten Punkte in der Rationsberechnung?

  1. Grundlage jeder Rationsberechnung ist das Körpergewicht des Pferdes: Das genaueste Ergebnis liefert eine Pferdewaage. Wer keine zur Verfügung hat, kann das Gewicht durch Ausmessen des Pferdes mit einer einfachen Formel ermitteln:
    Brustumfang (cm)² x Körperlänge (cm) / 11900.
    Das Ergebnis ist auf +/- 20 Kilogramm genau.
  2. Optische Beurteilung des Pferdes: „Des Herrn Auge füttert das Pferd“ trifft tatsächlich sehr gut auf die Pferdefütterung zu. Denn selbst wenn die Ration genauestens auf das Pferd abgestimmt ist, kann der Stoffwechsel der ganzen Überlegung einen Strich durch die Rechnung machen. Auch Krankheiten, Verletzungen oder der Fellwechsel spielen eine tragende Rolle. Also immer das Pferd und seine körperliche Verfassung im Blick haben und gegebenenfalls die Fütterung anpassen.
  3. Body Score Index: Als Richtlinie zur optischen Beurteilung des Pferdes kann der Body Score Index Aufschluss über Muskulatur und sichtbare Fettdepots liefern. Dieser geht von 1 unterernährt über 5 optimal bis 9 extrem fett. Das Optimum fällt von Rasse zu Rasse unterschiedlich aus. Der optimale BSI eines Arabers liegt eher bei 4, während bei einem Norweger der Normbereich bei 6 liegt. Beurteilt wird die Verfettung von Hals, Widerrist, Wirbelsäule, Flanken, Innenschenkel, Schweifansatz, Schulter, Rippen und der Übergang von der Schulter zum Hals.
  4. Energiebedarf des Pferdes ermitteln: Man unterscheidet zwischen Erhaltungsbedarf und Leistungsbedarf. Die Energie, die das Pferd benötigt, um seine Körperfunktionen und -temperatur aufrecht zu erhalten, bezeichnet man Erhaltungsbedarf (verdauliche Energie DE in MJ).
    0,6 MJ DE x Körpergewicht0,75
    Der Leistungsbedarf (DE in MJ) ist die zusätzliche Energie, die über den Erhaltungsbedarf hinausgeht und zur Erbringung einer Leistung nötig ist. Diese kann neben dem Training, auch Wachstum, Laktation oder Zucht sein. Beim Leistungsbedarf unterscheidet man zwischen leichter, mittlerer und schwerer Arbeit. Die meisten Freizeitpferde erbringen leichte Arbeit, wobei dem Erhaltungsbedarf 25 % mehr Energie zugeführt werden sollte. Ein Turnierpferd erbringt mittlere Arbeit – der Energiebedarf steigt um 25 bis 50 %. Schwere Arbeit verrichten nur wenige Pferde, wie beispielsweise Leistungssportler im Renn-, Vielseitigkeits- und Distanzsport. Hier sollte dem Pferd zum Erhaltungsbedarf bis zu 80 % mehr Energie zugeführt werden.
    Sie können den Gesamtenergiebedarf auch mit folgender Formel berechnen:
    0,6 MJ DE x Körpergewicht0,75x 1,25
    0,6 MJ DE x Körpergewicht0,75x 1,25 bis 1,5
    0,6 MJ DE x Körpergewicht0,75x 1,5 bis 1,8
  5. Mit steigendem Energiebedarf steigt auch der Bedarf an verdaulichem Rohprotein (vRp): Eiweiße sind essentielle Körperbausteine und übernehmen wichtige Funktionen im Stoffwechsel. Dabei steigt der Bedarf an Protein proportional zur Größe des Pferdes – große, schwere Pferde brauchen mehr Proteine als kleine, leichte Ponys. Ebenso steigt der Bedarf mit der Intensität der zu erbringenden Leistung. Jedoch sollte die zugeführte Proteinmenge jederzeit mit einem kritischen Auge geprüft werden. Ein Zuviel kann nämlich den Stoffwechsel übermäßig belasten.
    Allerdings gilt zu beachten: Ein Proteinmangel entsteht in der Regel nicht, wenn der Energiebedarf über das Futter abgedeckt ist.

Wie gestalte ich die Futterration meines Pferdes richtig?

Zuerst wird der Erhaltungsbedarf, also die Grundversorgung des Pferdes an Energie berechnet. Dabei sind Kenntnisse wichtig über:

  • das Gewicht und Größe des Pferdes
  • Alter
  • Rasse oder Pferdetyp (Kaltblut, Warmblut, Vollblut, Pony)
  • Größe
  • Gesundheitszustand (Krankheiten können den Bedarf an Energie und Nährstoffen erhöhen)
  • Weidegang und Grundfutter
  • Auslaufmöglichkeit
Großpferd und Pony

Für den Erhaltungsstoffwechsel ergeben sich folgende Richtwerte für Energie- und Nährstoffbedarf:

KM in kgDE in MJvRp in gCa in gP in gNa in gK in gMg in g
100199553252
200321601064104
4005427020128208
500643202515102510
600736353018123012

Beispiel: Ein 600 Kilogramm Pferd benötigt zur Erhaltung 73 MJ Energie. Es bekommt im Sommer 6 h Weidegang und steht über Nacht in der Box. Auf der Koppel frisst es pro Stunde ca. 4 kg, also insgesamt 24 kg Weidegras (1kg Weidegras = 2,3 MJ DE). Durch den Weidegang erreicht unser Pferd einen Energiewert von rund 55 MJ. Um den Energiebedarf für die Erhaltung zu erreichen, erhält unser Pferd vor und nach Weidegang noch rund 3 kg Heu mit einem Energiewert von 7,3 MJ/kg. Somit ist unser Pferd, das nicht geritten oder gearbeitet wird, mit 6 h Weidegang und 3 kg Heu ausreichend versorgt.

Als zweiter Schritt wird die zu erbringende Leistung des Pferdes berechnet. Auch dafür gibt es Richtwerte, inwiefern leichte, mittlere und schwere Arbeit definiert sind:

Beispiel: Unser 600 Kilogramm Freizeitpferd wird im Sommer leicht gearbeitet. Für eine Stunde geht es gemütlich ins Gelände, hin und wieder wird auch mal galoppiert. Auf den Erhaltungsbedarf muss also nun 25 % mehr Energie dazugerechnet werden. Der Gesamtenergiebedarf liegt nun bei 91,25 MJ DE.

Mit 6 h Weidegang haben wir bereits 55,2 MJ abgedeckt. Fehlen noch insgesamt 36,05 MJ, die über Rau- und oder Kraftfutter zu decken sind. Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:

  • 5 kg Heu (7,3 MJ pro kg) = 36,5 MJ DE
  • 3 kg Heu (7,3 MJ pro kg) + 1,2 kg Hafer (11 MJ pro kg) = 36,06 MJ DE
  • etc.
Beispiele für Rationsplanungen